Extrem schwieriger Klettersteig mit viel Reibungskletterei! Hochalpine 2 Tages-Tour auf den Ortler! Gesamtaufstieg: 2200 Höhenmeter, Gesamtgehzeit: 14 Stunden
Über die A12-Ausfahrt Landeck auf der B180 nach Pfunds, dort auf die B315 abbiegen und über den Reschenpass ins Vinschagu bis nach Schluderns zur Abzweigung nach Prad fahren. Von Meran kommend über Naturns, Schladerns bis kurz vor Schluderns, hier links nach Prad abbiegen. Über die Stilferjoch-Straße bis nach Stilfs, dann links nach Sulden auf 1.850 m hochfahren.
Charakteristik
Der beindruckende „Tabaretta-Klettersteig“ ist aufgrund seiner aalglatten und senkrechten Wände ohne Trittstiften, seiner Länge (500 Hm) sowie Ausgesetztheit, nicht zuletzt durch seine Höhenlage (Einstieg auf 2.550 m) wohl der schwierigste Klettersteig (meist C bis D, einige E-Stellen) im Ostalpenraum! Respekt sollte auch der erfahrene, konditionsstarke Alpinist davor haben, ist dieser Steig auch recht Steinschlaggefährdet und ein wahrer Blitzfang bei Gewitter. Verbunden mit dem Aufstieg auf den „König“ Ortler ergibt sich eine eindrucksvolle, anstrengende und erlebnisreiche Hochtour mit einem Panorama, wie man es selten wo zu sehen bekommt. Sichere Wetterbedingungen, alpine Erfahrung und gekonnter Umgang mit der Hochtourenausrüstung ist nötig, klettert man über einen ausgesetzten, ungesicherten Grat (Fels II-Grad) bis zum Einstieg auf den spaltenreichen Gletscher, der im Mittelbereich nicht zu unterschätzen ist und nur in Seilschaft begangen werden soll. Über den freistehenden, 3.905 m hohen Gipfelgenuss kommt dann aber nichts mehr hinaus!
Gipfel / Berg
Ortler (3905 m), Tabarettaspitze (3128 m)
Ausrüstung
Komplette Klettersteigausrüstung (Helm, Brust- und Hüftgurt, Klettersteigset), Handschuhe, zusätzlich eine komplette Gletscherausrüstung (30 m Seil, Steigeisen, Pickel), eine Kurzsicherung für die Querungen bzw. Rastpausen, Wanderstöcke für den Zu- und Abstieg, Notfallausrüstung (Biwak, Erste Hilfe, Handy), Stirnlampe, Hüttenschlafsack und Hygieneartikel, zuletzt die Digitalkamera nicht vergessen!
Tourtyp / Charakter der Tour
Klettersteig
Zustieg
Bevor es losgeht noch einmal die Ausrüstung gecheckt? Vom Parkplatz in Sulden (1.850 m) führt ein gut markierter und ausgeschilderter Wanderweg anfangs gemütlich durch den Wald, später über Almwiesen und Geröllrinnen steil zur Tabarettahütte hoch. Bei der bewirtschafteten Hütte stellt sich nach einer kurzen Stärkung die Frage, ob die umfassende Ausrüstung über die senkrechten Wände des Klettersteiges hochgehievt werden soll, oder ob man sich auf das Nötigste beschränkt und den Rest auf der Hütte zurück lässt? Man sollte bei der Entscheidung berücksichtigen, dass der außenliegende Schwerpunkt an den überhängenden Stellen (E) im Klettersteig die Arme enorm in die Länge zieht! Die 500 Extra-Höhenmeter (Tour dann gesamt 2.700 Hm), um über den Normalweg die Ausrüstung wieder abzuholen können so manche Strapazen ersparen - wir haben das so gemacht und es hat sich gut bewehrt, da nur die Konditionsstärksten von uns die restliche Ausrüstung abholten. Hinter der Hütte findet man den Wegweiser zum Klettersteig und folgt dem schmalen, teils ausgesetzten Pfad (orange markiert), der am Fuße der Felswand zum Einstieg des Klettersteiges am oberen Ende einer Geröllrinne auf 2.550 m führt. 750 Höhenmeter, knapp 2 Stunden
Wegbeschreibung / Routenverlauf
TABARETTA-KLETTERSTEIG: (500 Höhenmeter, 800 Klettermeter, Schwierigkeit E) Da dieser senkrechte, sogar überhängende Klettersteig über keinen einzigen Trittbolzen verfügt, ist auf Griffe im Fels zu achten bzw. sind diese selbst zu suchen. Ein Kletterer wird sich auf dieser genialen Steiganlage vermutlich leichter zu Recht finden, als ein typischer Klettersteiggeher.
Gehörig zupacken heißt es gleich beim „Einstiegskamin“ (C und C/D), dem eine steile Verschneidung (C) folgt. Nach kurzer Verschnaufpause (A), wartet das „Himmelreich“ mit einem Kraftakt, einen Überhang auf uns (D, dann C). Der Name ist „Himmelreich“ ist sehr treffend, fühlt man sich schon dort zu sein – ab hier gibt es auch immer einen sensationellen Blick zur Ortler-Nordwand! Zum „Kleppenschleider“ geht es fast relaxt (A/B und B) dahin, bis wieder Bizeps am steilen Riss (D/E) gefragt sind. Nach einer luftigen Querung (B ) und einer schweren Steilpassage (C) erreicht man die Schlüsselstelle am "Gelen Knott". Es handelt sich dabei um eine glatte, trittlose, überhängende und ausgesetzte Querung auf einer Platte, die extrem Kräfte raubend ist (mit einer zusätzlichen kurzen Sicherung kann man sich hier viel Mühe ersparen!). Hier sollte man ein Schleifpapier auf den Sohlen haben, so muss hier auf Reibung geklettert werden! Zuerst die Arbeit, dann das Vergnügen – jetzt darf gerastet werden (A), ehe es links wieder steil über Felsformationen (C bzw. C/D) hinweg geht. Leichtere Stellen (A und B) führen auf eine glatte Platte (C und B) zu einem „Quergang“ (A) rüber. Noch einmal Kräfte mobilisieren, und sich über eine Kante (B/C), die aalglatte Verschneidung (D) hoch quälen. Nach einer Patte (A) führt man sich noch einen kleinen Überhang (C) zu Gemüte und verlässt nach 2 ½ bis 3 Stunden den Klettersteig über Felsstufen (B) und Schrofen (A) auf gut 3.000 m! Nach dem Ausstieg führt ein Wanderweg rechts zu Payrhütte hinüber, auf der man sich bis zum nächsten Tag stärkt und etwas erholt.
Sollte das Gepäck auf der Tabarettahütte deponiert sein, dieses nicht vergessen und über den Normalweg abholen!
WEITERER AUFSTIEG ZUM ORTLER-GIPFEL: Auf der Payrhütte muss man früh (vor 5 Uhr) aufstehen, will man ein Frühstück erhaschen. Es lohnt sich aber dennoch rechtzeitig zu starten, hat man einen langen Auf- und noch längeren Abstieg an diesem Tag zu bewältigen.
Die Orientierung von der Hütte zum Ortler ist nicht gerade einfach, da Markierungen im „weglosen“ Felsgelände am Grat großteils fehlen. Bewusst sorgt man hier dafür, dass man sich einen Bergführer krallt und dieser die Mannschaft (natürlich begrenzte Teilnehmerzahl) gegen eine nette Gebühr auf den beliebten Ortler lotst. Aber nicht mit uns! Wenn man im Spurenlesen ein bisschen geübt ist, findet sich immer ein „Weg“. Der ausgesetzte Grat, der Kletterstellen (Fels II) aufweißt und dessen schwierigste Stelle mit einer Kette versichert ist, erfordert Trittsicherheit, technisches Klettergeschick und gegebenfalls auch eine Seilschaft. Hat man den Gletscher erreicht, fällt die Orientierung anhand der häufigen Trittspuren wesentlich leichter. Außerdem ist die Richtung zum Gipfel klar vorgegeben und so begibt sich die Seilschaft auf Eis, das zwischenzeitlich bei Felsstufen so steil wird, dass man den Pickel auch gerne zückt und entsprechend einsetzt. Nachdem die Luft immer dünner wird, geht es später gemächlicher links zum Gipfelgrat über, wo man das Kreuz bereits erkennen kann. Die Kamera wird wohl nur noch selten verstaut werden, so überwältigend ist der Ausblick knapp unter 4000 m Seehöhe. Aufstieg von der Payrhütte: 1000 Höhenmeter (inkl. kurze Gegenanstiege am Grat), 4 Stunden
Abstieg
Vom Gipfel steigt man über die Aufstiegsspur am Gletscher ab. Glücklich ist jener, der noch in der Morgendämmerung von der Payrhütte aufgestiegen ist, da bei aufgefirnten Verhältnissen der Abstieg wesentlich anstrengender ist. Ist die mühselige Auf- und Ab-Kletterpassage am Felsgrat zurück zur Payrhütte überwunden und die Ausrüstung verstaut, folgt man dem oben ausgesetzten Normalweg über die Tabarettahütte ins Tal nach Sulden. Trittsicherheit ist trotz versicherter Passagen erforderlich! 2.200 Höhenmeter, 5 Stunden vom Gipfel!
Stützpunkt
Tabarettahütte (2.556 m) - Tel. +39 347 2614872, Payrhütte (3.029 m) - Tel.+39 473 613010
Rast / Einkehr
Tabarettahütte (2.556 m) - Tel. +39 347 2614872, Payrhütte (3.029 m) - Tel.+39 473 613010
Karten
Kompass 52 – Vinschgau Kompass – Südtirol/Alto Adige 3D digital
Beschilderung
vom Tal über Tabarettahütte bis zur Payrhütte gut beschildert und markiert
Literatur
www.bergsteigen.at – Topo-Download zum Klettersteig, Alpinverlag - Extreme Klettersteige in den Ostalpen
Bemerkung
Siehe auch den "Kommentar" zu dieser Tour!
Anmerkung zum Kommentar: Nirgends sind subjektive Einschätzungen so gefährlich, wie auf Hochtouren! Ich setze voraus, dass diese Unternehmungen erst nach einer ordentlichen Planung in Angriff genommen werden und sich nach den Schwächsten der Gruppe richten! Diese 2-Tagestour setzt selbstverständlich eine Topfitness und Schwindelfreiheit voraus! Eine zusätzlichen Übernachtung auf der Tabarettahütte ist natürlich auch eine sehr gute Lösung, um auf nichts verzichten zu müssen!